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Göbekli Tepe Lithik Projekt

Der Fundplatz Göbekli Tepe (Bauchiger Hügel) liegt in der heutigen Südost-Türkei, in der Provinz Şanlıurfa, circa 15 km nordöstlich der gleichnamigen Provinz-Hauptstadt und rund 2,5 km östlich des Dorfes Örencik. Bekannt wurde der Fundplatz vor allem durch seine monumentale Architektur und die bis zu 5,5 m hohen T-Pfeiler, von denen viele reiche Verzierungen, bspw. in Form von Hoch- und Tiefreliefs, aufweisen. Dabei datiert der Fundplatz in das sogenannte akeramische Neolithikum (auch Pre-Pottery Neolithic/PPN genannt), genauer in den Zeitraum zwischen Mitte des 10. Jahrtausends bis Anfang/Mitte des 8. Jahrtausends cal. BC, einer Zeit geprägt vom Übergang der aneignenden zur produzierenden Lebensweise in der Region. Somit ist der Göbekli Tepe zurzeit der früheste bekannte Fundplatz mit monumentaler Architektur.

Forschungsgeschichte

Entdeckt und beschrieben wurde der Göbekli Tepe bereits in den 1960er Jahren im Rahmen eines Surveys des Projekts Güneydoğu Anadolu Tarihöncesi Araştırmaları (Prähistorische Forschungen in Südost Anatolien) von Peter Benedict unter der Bezeichnung V 52/1 Göbekli Tepe Ziyareti/Ziyaret (Benedict 1980). Jedoch blieb der Fundplatz nach seiner Entdeckung in den darauffolgenden Jahren unberücksichtigt. Erst im Jahr 1994 kehrte Klaus Schmidt mit einem Team zu dem von Benedict beschriebenen Fundplatz Göbekli Tepe für eine erneute Begehung zurück. Aufgrund seiner vorangegangenen Erfahrungen des zeitgleichen Fundplatzes Nevalı Çori erkannte er direkt das Potential des Göbekli Tepe. Im Jahr 1995 begannen die ersten Grabungen, die bis heute andauern und seit dem Jahr 2018 ist der Göbekli Tepe ein eingetragenes UNESCO Weltkulturerbe (siehe: https://www.unesco.de/kultur-und-natur/welterbe/welterbe-weltweit/unesco-welterbe-goebekli-tepe).

Über das Projekt

Die aktuellen Grabungen am Göbekli Tepe finden im Rahmen des DFG-Langzeitprojekts „Die frühholozäne Gesellschaft Obermesopotamiens und ihre Subsistenz (Türkei)“ unter der Trägerschaft des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und in Zusammenarbeit mit der İstanbul Üniversitesi statt. Diese Kooperation ist zudem in das neu entstandene Taş Tepeler Projesi (Stein Berge Projekt) eingegliedert, welches die systematische Erforschung des präkeramischen Neolithikums in der Region Şanlıurfa zum Ziel hat. Die Aufsicht über die Grabungen am Göbekli Tepe und Karahan Tepe hat Necmi Karul inne, wobei Lee Clare die Koordination und Leitung der Grabung am Göbekli Tepe selbst innehat. Im Jahr 2020 wurde zudem eine Kooperation mit dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln eingegangen, um die Forschung zu den lithischen Artefakten zu intensivieren.

Zur Lithik des Fundplatzes

Lithische Artefakte aus Silizit, häufig auch Feuerstein genannt, und Obsidian machen an vielen steinzeitlichen Fundplätzen die Hauptmenge des Fundmaterials aus. Dies liegt einerseits an ihrer umfangreichen Verwendung zur Herstellung von Geräten als auch an der besseren Erhaltung gegenüber anderen Materialien wie z.B. Holz, Knochen oder Pflanzenresten. Aufgrund ihrer Verwendung als Werkzeuge lassen sie zudem Rückschlüsse auf die Verhaltensweisen und Überlebensstrategien der damaligen Menschen zu. Über die Herkunft der Rohmaterialien (Silizit, Obsidian) und verschiedene Herstellungstechnike von Werkzeugen lassen sich zudem überregionale Kontakte/Beziehungen sowie chronologische Entwicklungen nachvollziehen. Dementsprechend wertvoll können die Erkenntnisse sein, welche aus der Analyse der lithischen Artefakte hervorgehen können.

Zur Lithik des Göbekli Tepe ist bisher nur wenig geforscht worden. Die wenigen ausführlicheren Berichte fokussierten dabei auf typologische Aspekte des Fundmaterials. So dienen bspw. el-Khiam Pfeilspitzen, Jordan Valley Pfeilspitzen (beides frühes akeramisches Neolithikum, sog. PPNA) oder Byblos Pfeilspitzen (spätes akeramisches Neolithikum, sog. PPNB) der relativen Datierung des Fundplatzes. Ausführlichere Studien zur lithischen Ökonomie des Fundplatzes hingegen fehlen bisher. Im Zuge des aktuell laufenden DFG-Langzeitprojekts entstehen daher zwei Doktorarbeiten zur Lithik des Göbekli Tepe, die am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln angesiedelt sind und betreut werden (siehe auch Kooperationen). Die erste der beiden Doktorarbeiten konnte im Jahr 2021 erfolgreich abgeschlossen werden und wird voraussichtlich 2022 publiziert werden. Ziele dieser Doktorarbeit sind die erstmalige ausführliche Analyse der Lithik des Göbekli Tepe, die Interpretation der Ergebnisse im Kontext des vermuteten Charakters des Fundplatzes sowie Vergleiche mit weiteren regionalen und überregionalen akeramischen Fundplätzen. Dafür sind drei hochaufgelöste Inventare (gesiebt und geschlämmt) unter diachronen wie funktionalen Aspekten aus dem Hauptgrabungsgebiet und der Nordwest-Senke ausgewählt und ausgewertet worden. Die zweite Doktorarbeit befasst sich mit kleinräumigen taphonomischen Prozessen, welche ausgewählte lithische Fundkontexte am Göbekli Tepe beeinflussten und schufen. Auf diese Weise soll die Historie einzelner Fundinventare (Kontexte) besser verstanden werden, so dass verlässlichere Aussagen bezüglich der Nutzung und Funktion bestimmter Areale am Fundplatz ermöglicht werden.

Literatur

Benedict, P., Survey Work in Southeastern Anatolia, in: H. Çambel, R. J. Braidwood (eds) The Joint Istanbul – Chicago Universities’ Prehistoric Research in Southeastern Anatolia, Istanbul, 1980, 151-191.

Breuers, J. und M. Kinzel, forthcoming. „[...] but it is not clear at all where the [...] debris had been taken from [...]“ Chipped Stone Artefacts, Architecture and Site Formation Processes at Göbekli Tepe, in: Y. Nishiaki, M. Arimura, and O. Maeda (eds) Tracks of the Near Eastern Neolithic: Lithic Perspectives on its Origins, Development and Dispersals. Proceedings of the 9th International Conference on the PPN Chipped and Ground Stone Industries of the Near East. Tokyo, Nov. 12–16, 2019. Leiden: Sidestone Press.

Clare, L., Göbekli Tepe, Turkey. A brief summary of research at a new World Heritage Site (2015–2019), in: e-Forschungsberichte des DAI, 2020, Fasz. 2, 81-88 (https://doi.org/10.34780/efb.v0i2.1012).

Kinzel, M., Clare, L., Monumental – compared to what? A perspective from Göbekli Tepe, in: A. B. Gebauer, L. Sørensen, A. Theater, A. C. Valera (eds) Monumentalising life in the neolithic: Narratives of change and continuity, Oxford, 2020, 29-48.

Schönicke, J., There and Back Again — Towards a New Understanding of Abandonment Practices at the Neolithic Settlement of Göbekli Tepe, in: C. W. Hess, F. Manuelli (eds) Bridging the Gap: Disciplines, Times and Spaces in Dialogue (Sessions 1,2 and 5 from the Conference Broadening Horizons 6 Held at the Freie Universität Berlin, 24-28 June 2019), Oxford, 2022, 212-239.

Forschungsteam und Kooperationspartner

Forschungsteam

  • Lee Clare (DAI Istanbul), Projektkoordinator
  • Ricarda Braun (FU Berlin)
  • Jonas Breuers (Universität zu Köln/DAI Berlin)
  • Stephanie Emra (LMU München)
  • Thore Hübert (Universität zu Köln/DAI Berlin)
  • Moritz Kinzel (DAI Istanbul)
  • Daniel Knitter (Universität zu Kiel)
  • Frederic Nitschke (DAI Berlin)
  • Kate Nolan (DAI Berlin)
  • Moritz Nykamp (FU Berlin)
  • Shabnam Moshfeg Nia (DAI Berlin)
  • Birgül Öğüt (DAI Berlin)
  • Joris Peters (LMU München)
  • Nadja Pöllath (SNSB München)
  • Julia Schönicke (FU Berlin/DAI Berlin/ANAMED İstanbul)
  • Brigitta Schütt (FU Berlin)
  • Robert Sobott (Universität Leipzig)
  • Devrim Sönmez (Koç Üniversitesi İstanbul/DAI Istanbul)
  • Onur Torun (FU Berlin/DAI Istanbul)
  • Benny Waszk (Universität Mainz)

Kooperationspartner

  • İstanbul Üniversitesi (Türkei)
  • Freie Universität Berlin (Deutschland)
  • Harran Üniversitesi (Türkei)
  • Koç Üniversitesi İstanbul (Türkei)
  • LMU München (Deutschland)
  • Şanlıurfa Müzesi (Türkei)
  • Universität zu Köln (Deutschland)
Danksagungen

Die Arbeiten am Göbekli Tepe wäre nicht ohne die Unterstützung des Generaldirektoriums für kulturelle Einrichtungen und Museen des Ministeriums für Kultur und Tourismus der Türkei, das Şanlıurfa Museum und Prof. Dr. Necmi Karul, Istanbul Universität möglich. Wir möchten uns zudem bei der Deutschen Forschungsgesellschaft für die Finanzierung des Langzeitprojekts „Die prähistorischen Gesellschaften Obermesopotamiens und ihr Subsistenz“ (EI438/12‑3 und 4) bedanken sowie bei all unseren Kooperationspartnern.

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