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Ickler 2013

Stratigraphie und Baugeschichte des Reitia-Heiligtums

Seit April 2007 erfolgte – mit fi­nan­ziel­ler Un­ter­stütz­ung der DFG – die Ge­samt­be­ar­bei­tung der Be­fund­e des Rei­tia-Hei­lig­tu­ms. Im Rah­men die­ser Un­ter­su­chung sol­lten die Stratigraphie und die Bau­ge­schich­te des Hei­lig­tums auf­ge­ar­bei­tet wer­den. In die Ar­beit ein­be­zo­gen wur­den die Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­se zu den be­reits pu­bli­ziert­en Aschen­altä­ren (Rie­mer 2005) und zu ver­schie­den­en Fund­gat­tung­en (vgl. Be­ar­bei­tung der Funde).

Abb. 4: Fundamentplan des römischen Langbaus (1. Jh. v. Chr.). (aus Dämmer 2002; H.-W. Dämmer, Il santuario sud-orientale. Le indagini recenti. In: (a cura di A. Ruta Serafini) Este preromana: una città e i suoi santuari, 248–269, Treviso 2002.

Die Nutzung des un­ter­such­ten Areals setzte in der spä­ten Bron­ze- bis frü­hen Ei­sen­zeit ein. Aus die­ser Pha­se lie­gen kei­ne ein­deu­ti­gen Hin­weise auf kul­ti­sche Hand­lung­en vor. An­hand des Ke­ra­mik­spek­trums ist viel­mehr zu ver­muten, dass es sich bei den Fun­den um verschwemm­te Sied­lungs­reste han­delt. Erst in den da­rauf fol­gen­den Zeit­ab­schni­tten (ab Stufe Este II–III) wird die Flä­che als Kultplatz ge­nu­tzt. Die Ak­ti­vi­tä­ten äu­ßern sich zu­nächst in Ke­ra­mik­nie­der­le­gung­en, die als Re­ste von Opfer­mäh­lern anzusehen sind. Zahl­rei­che in­ten­tio­nell zer­schla­ge­ne Scha­len auf ho­hem Fuß, Bron­ze­ble­che und an­de­re Fun­de wur­den in mit Holz­koh­len durchmischte, leicht verschwemm­te Schi­ch­ten in den Flä­ch­en M18 bis O18 auf­ge­fun­den. In der Stufe Este IV wur­den im nörd­lich­en Be­reich des Rei­tia-Hei­lig­tums neun Aschen­altäre an­ge­legt (sie folgend). In früh­rö­misch­er Zeit (um 100 v. Chr.) wird an gleicher Stelle ein Langbau mit fünf nahezu gleichgroßen Räumen er­rich­tet, dessen zur Innenseite des Temenos geöffnete Front genau über den Aschenaltären verläuft. In der Mitte des ersten Jh. v. Chr. wird dieses Gebäude um fünf weitere Räume monumental, auf einer Länge von über 7o m, ausgebaut (Abb. 4).

Im Süden wird das Rei­tia-Hei­lig­tum durch zwei in rö­mi­scher Zeit ver­füll­te Grä­ben und eine da­zwi­schen lie­gen­de Mau­er – die bei den Alt­gra­bung­en be­ob­ach­tet wur­de – be­grenzt. Aus den Alt­gra­bung­en ist ebenfalls be­kannt, dass im Os­ten des Hei­lig­tums ein Brun­nen so­wie zahl­rei­che klei­ne Al­tar­stei­ne und ei­ne Säu­len­ba­sis frei­ge­legt wur­den. Bei den Ausgrabungen 1987–1991 wurde im Westen des Heiligtums in einem Suchschnitt eine Rollierung aus Kalk­stei­nen dokumentiert, in der sich zwei parallel verlaufende Rillen mit einem Abstand von ca. 1,4 m abzeichneten. Bei ihnen handelt es sich vermutlich um Wagenspuren. Die Kalksteinrollierung zieht sich – anhand von Magnetik-Anomalien nachgewie­sen – in einem Bogen bis an die Nordseite des erwähnten Langbaus, wo sie in den Flächen L16 und L17 wieder gra­bungs­tech­nisch erfasst wurde. Auch in diesem Bereich lassen sich Wagenspuren an der Oberfläche der Rollierung erkennen (Abb. 5).

Abb. 5: Gesamtplan der Grabungsfläche (1987–1991) mit Fundamenten des frührömischen Langbaus und zwei in römischer Zeit verfüllten Gräben (Ickler 2013, Abb. 99).
Abb. 6: Este mit eisenzeitlichen Siedlungsflächen, Gräberfeldern und den fünf Heiligtümern (leicht verändert aus: Bianchin Citton 2002, fig. 27).

Das Reitia-Heiligtum ist in ­ve­ne­ti­sch­er Zeit ei­nes von fünf Hei­lig­tü­mern, die um die Siedlung und ihre Gräberfelder herum liegen (Abb. 6) und die in den letz­ten Jah­ren zum Teil eben­falls unter­sucht wur­den (Ruta Serafini 2002). Viele der Votiv­gat­tungen, die aus dem Reitia-Heiligtum be­kannt sind, sind auch auf die­sen Kult­plätz­en belegt, je­doch er­scheinen sie dort in be­deu­tend ge­ringer­er Zahl.

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