Siedlungs- und Landschaftsarchäologie der Ältesten Linearbandkeramik – Zwei Siedlungskammern in der mittelfränkischen Gäulandschaft und im Vorland der südlichen Frankenalb als Schlüsselgebiete des frühen Neolithikums
Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln (S. Scharl & A.-L. Fischer), in Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (M. Nadler, H. Fehr, Chr. Lobinger)
Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Projektnummer 529234507)
Untersuchungen zur Ausbreitung der ältesten Bandkeramik (ÄLBK) sind überwiegend auf regionaler und überregionaler Ebene angesiedelt, während nur wenige Studien zu Aufsiedlungsprozessen auf lokaler und kleinregionaler Ebene vorliegen. Hier setzt das Projekt an. Anhand von zwei ältestbandkeramischen Siedlungskammern in der mittelfränkischen Gäulandschaft und dem Vorland der südlichen Frankenalb wird die Aufsiedelung der Landschaft durch die Träger der LBK am Beginn des Neolithikums untersucht. Dabei arbeiten wir auf drei verschiedenen Maßstabsebenen: Auf der Mikroebene werden anhand von vier ausgegrabenen ÄLBK-Siedlungen unter anderem Fragen zur internen Chronologie der Siedlungen, zu ihrer räumlichen Struktur und zu ihrer Subsistenz untersucht. Auf der Mesoebene stehen Fragen zur Einbindung der verschiedenen Siedlungen in die sozialen und ökonomischen Netzwerke der Siedlungskammer selbst und die Kontakte zu anderen Siedlungskammern im Vordergrund. Einen weiteren Schwerpunkt wird die Analyse agrarischer Landnutzungsmuster bilden. Auf der Grundlage der Erkenntnisse, die wir auf den beiden unteren Maßstabsebene gewonnen haben, sollen schließlich auf der Makroebene übergeordnete Fragestellungen zur Mobilität der ältestbandkeramischen Gesellschaft und zu den derzeit wieder diskutierten Ausbreitungsmechanismen der ÄLBK (leap-frogging versus wave-of-advance) in den Blick genommen werden. Als Vergleichsregion dient das Nördlinger Ries, dessen ältestbandkeramische Besiedlung unlängst detailliiert untersucht wurde.
Neben den klassischen Methoden der Merkmalsaufnahme der Funde und Befunde und der archäobotanischen und archäozoologischen Auswertungen sind GIS-Analysen zu räumlichen Strukturen innerhalb der Siedlungen, zum land use und zur Demographie vorgesehen. Ergänzt wird dies um P-ED-RF-Analysen der Dechselklingen, um Fragen zur Herkunft des Rohmaterials beantworten zu können. Die Untersuchung organischer Reste (ORA bzw. Lipide) in der Keramik soll Auskunft zur Verwendung der Gefäße, aber auch zu konsumierten Nahrungsmitteln geben (z.B. Milchnutzung). Schließlich soll eine größere Serie von 14C-Daten gemeinsam mit der Seriation der Keramik und der Stratigraphie der Befunde als Gerüst für die Chronologie dienen.
Weiterführende Literatur
S. Scharl, M. Nadler & A.-L. Fischer, Siedlungsgeschichte(n) der ersten Bauern – Fallstudien aus der Mitte Bayerns. Archäologie in Deutschland 5, 2023, 34-35.
M. Nadler, S. Scharl & A.-L. Fischer, Ein Siedlungsplatz der ältesten und älteren Linearbandkeramik im Steinbruch Mörlbach, Gde. Gallmersgarten im nordwestlichen Mittelfranken (Lkr. Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim). In: L. Husty, Th. Link & J. Pechtl (Hrsg.), Neue Materialien des Bayerischen Neolithikums. 4. Tagung im Kloster Windberg vom 12. bis 14. November 2021. WüST VFA 8 (Würzburg 2023), 29-44.
A.-L. Fischer, Eine Siedlungskammer der ältesten Linearbandkeramik im Nördlinger Ries – Die Sammlung Krippner. Arch. Ber. 36 (Kerpen-Loogh 2023).