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Archäozoologische Untersuchungen zur Haustierhaltung im 5. Jt. v. Chr.

Nadine Nolde, Silviane Scharl

Im Laufe des 5. Jt. v. Chr. zeichnen sich verschiedene Tendenzen ab, die auf eine Zunahme menschlicher Aktivitäten in ungünstigeren peripheren Gebieten, außerhalb der angestammten Altsiedellandschaften der Linearbandkeramik schließen lassen. Als Grund für die Erschließung dieser neuen Gebiete wird u.a. eine Extensivierung der Viehwirtschaft diskutiert, die möglicherweise durch schlechtere Futter-, Klima- und/oder Haltungsbedingungen in den angestammten Gebieten ausgelöst wurden. Dazu sollen bereits ausgewertete sowie bisher unbearbeiteten Fauneninventare archäozoologisch untersucht werden. Bevorzugte Haus- bzw. Wildtierarten, die Herdenzusammensetzung und das Schlachtalter können so in den unterschiedlichen Regionen des Arbeitsgebietes erfasst werden und damit den Umfang der Viehhaltung und -nutzung ausdrücken. Über die anatomische Vermessung der Knochen kann zudem eine Rekonstruktion der Körpergrößen bzw. Wuchsformen hergeleitet werden. So kann eine Reduktion der Körpergröße die Konsequenz einer zu früh erfolgten Entwöhnung des Jungtieres zum Vorteil des menschlichen Milchkonsums, eine Einschränkung der Mobilität zum Schutz bzw. zur Kontrolle der Herde oder Ausdruck von mangelhaften Futter­bedingungen sein. Vor allem ein quantitativer Nahrungsmangel, ausgelöst durch eine unzureichende Beweidung oder ein Defizit an eingelagerten Futtervorräten ist eine starke Triebfeder und bewirkt in der Regel eine natürliche Förderung kleinerer Tiere mit einem entsprechend geringeren Grundumsatz an Nahrung. Daher können sich über die anatomischen Maße im regionalen und diachronen Vergleich Phasen ungünstigerer Futter-, Klima- und/oder Haltungsbedingungen fassen lassen. Auskunft über die Nahrungsgrundlage des Viehs ermöglichen wiederum sogenannte microwear-Analysen, die anhand von mikroskopischen Abkauungsmustern an den Zähnen das Nahrungsspektrum reflektieren und damit Hinweise auf Fütterungs- und Beweidungsstrategien liefern (Kooperation mit I. Mainland/University of the Highlands and the Islands, UK). Im engen Austausch mit der Vegetationsgeschichte, der Archäobotanik und der Archäologie können somit die Zusammenhänge zwischen vegetationsgeschichtlichen und viehwirtschaftlichen Veränderungen zwischen den zentralen und peripheren Standorten im 5. Jt. v. Chr. herausgestellt werden.

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